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Der „Pizzomat“ liefert nach 3 Minuten eine heiße Marken-Pizza

Allzeit bereit

Zum Thema Multichannel gehört auch ein traditioneller und wieder ganz aktueller Vertriebsweg: Automatenverkäufe. Sie machen unabhängig von Öffnungszeiten und haben dem Internet etwas voraus: Die Ware gibts sofort. Es gibt Automaten für frisch gebackene Pizza, für Goldbarren und für Fahrradschläuche.

Wenn vom Trendthema Multichannel die Rede ist, ist praktisch immer der Mix aus stationärem und Online- bzw. Versandhandel gemeint. Doch es gibt einen weiteren, einen traditionsreichen Vertriebskanal, der derzeit Renaissance feiert: Automatenverkäufe. Ein Grund für deren Erfolgsaussichten: Das sogenannte Vending kommt dem Lebensrhythmus der modernen, mobilen, zeitknappen Konsumenten entgegen. Werbeslogans bei Ausstellern der Eu’Vend – Internationale Fachmesse für die Vending-Automatenwirtschaft, die kürzlich in Köln stattfand, brachten es auf den Punkt: „Appetit kennt keinen Ladenschluss“ titelte der Fleischwaren-Anbieter Dieter Hein aus Sicht der Verbraucher, „Mehrumsatz auf kleinstem Platz“ argumentierte die Snack-Marke Lorenz aus dem Blickwinkel der Betreiber. Hunger und Durst wollen heute sofort und ohne Umstände befriedigt, Besorgungen und Probleme schnell erledigt bzw. gelöst werden.

Immer mehr Unternehmen erkennen den Trend und seine Möglichkeiten. Sie kreieren neue Ideen zur (Um-)Nutzung der Geräte für die Distribution unterschiedlichster Waren. Die „Klassiker“ unter den Automatensortimenten – Kaugummis, Zigaretten, Getränke, Hygieneartikel – erhalten Zuwachs. Im Dezember 2010 installierte beispielsweise der Elektronik-Filialist Media Markt einen ersten Automaten am Münchener Hauptbahnhof. Inzwischen gibt es einen weiteren am Flughafen der bayrischen Metropole, zwei am Flughafen Düsseldorf und einen am Hamburger Airport. Rund 50 verschiedene Artikel renommierter A-Marken bietet „Media Markt toGo“ an. Der Schwerpunkt liegt auf Artikeln, die vor Reisen gerne mal zu Hause vergessen oder als Geschenk gekauft werden wie zum Beispiel Ladegeräte, USB-Kabel, Digicam, MP3- Player, Kopfhörer, elektrische Zahnbürste, Reisehaartrockner oder Speicherkarten. Ein externer Dienstleister unterstützt bei der Bewirtschaftung.

In den Berliner Galeries Lafayette hat im Oktober letzten Jahres das Automatenkonzept „Gold to Go“, eine Entwicklung der deutschen Firma Ex Oriente Lux AG, seinen Betrieb aufgenommen. An den Automaten können Goldbarren und -münzen in einer edlen Geschenkbox zum Echtzeitpreis gezogen werden. Das Start-up-Unternehmen Dry2Go, Bochum, lässt niemanden im Regen stehen. Daniela Wallraff und Rebecca Augustin haben inzwischen 45 Regenschirm-Automaten in Parkhäusern, Cafés, Theatern, Schwimmbädern und Zoos aufgestellt. Auch der Einzelhandel ist ein potenzieller Partner. Die von einem Ingenieur entwickelten Verkaufsmaschinen – Wandgeräte ohne und Standgeräte mit Strom – lassen sich nach dem Baukastenprinzip individuell je nach Standort gestalten und werden zum Kauf, zur Miete oder auf Franchise-Basis angeboten. Die Regenschirme und Automaten können im Corporate Design der Geschäftspartner geliefert werden. Ein weiteres Beispiel mit hoher Problemlösungs-Kompetenz: An inzwischen mehr als 700 Hauswänden in Deutschland hängen „Schlauchomaten“, die rund um die Uhr „Gummi geben“, wenn man sich mit seinem Fahrrad einen Platten gefahren hat. Eine iPhone-App führt die luftlosen Radler auf schnellstem Weg zum nächsten Automaten.

Media Markt betreibt Automaten in Bahnhöfen und Flughäfen

Media Markt betreibt Automaten in Bahnhöfen und Flughäfen

Holm Riedel und Jan Röhricht, Gründer und Geschäftsführer des Unternehmens Goodlist, München, entwickelten mit einem eigenen Team von drei Programmierern die Steuerung für eigene Automaten sowie die Warenwirtschaft, um ein ganzes Automatennetzwerk betreiben zu können. Dadurch ist Goodlist umfassend ins Vending-Business eingestiegen, was auch Standortsuche und Verhandlungen umfasst. Walt Disney und Lego zählen zu den Pilotkunden. Die ersten Automaten stehen am Hauptbahnhof München bzw. im Mathäser Filmpalast in München, Deutschlands meistbesuchtem Multiplexkino. Im ersten Halbjahr 2012 soll auch Fitnessbekleidung verkauft werden. Die Hightech-Automaten sind mit Touchscreens ausgestattet, die Animationen der Produkte zeigen, diese in Text und Bild erklären, über einen Umtausch- und Garantie-Button Sicherheit vermitteln sowie die Konsumenten nach dem Kauf mit einem Belohnungs-Video beglücken.

Die Media Markt-Automaten haben ähnlich viel zu bieten: Das Warenausgabesystem stellt sicher, dass der Kunde erst dann bezahlt, wenn er das Produkt entnommen hat und somit kein Geld im Automaten verschwindet oder gekaufte Ware stecken bleibt. „Mit den Blechkisten oder stummen Dienern früherer Zeiten haben moderne Automaten kaum noch etwas gemein“, sagt Dr. Aris Kaschefi, Geschäftsführer des BDV – Bundesverband der Deutschen Vending-Automatenwirtschaft, Köln (s. Interview). „Modernes Design, das individuelle Brandings ermöglicht, gut erkennbare Bedienungselemente, eine verständliche Menüführung und mehr Vielfalt bei den Zahlungssystemen haben sie so attraktiv gemacht, dass auch anspruchsvolle Konsumenten gewonnen werden können.“  

Schlauchomat

Verkaufsautomat für Disney-Produkte

Verkaufsautomat für Disney-Produkte

Auch für die Operator, jene Firmen, die die Automaten bewirtschaften und Verträge mit Unternehmen, Institutionen und Kommunen abschließen, macht sich der technische Fortschritt positiv bemerkbar: Datenfernübertragung reduziert den Service-Aufwand der technischen Wartung und Befüllung. Telemetrie ermöglicht eine permanente Umsatzkontrolle und die Ermittlung der meistgefragten Artikel. In Deutschland gibt es rund 1.500 solcher Firmen. Dem Geschäftsfeld Vending kommt zugute, dass der moderne Mensch mit Technik umzugehen weiß. „Automaten sind insbesondere bei jüngeren Menschen beliebt“, sagt Dr. Kaschefi vom BDV. „Diese haben schon als Kind mit Spielkonsole und Computer umzugehen gelernt. Automatisierung ist in den Köpfen der Menschen angekommen“, ist Kaschefi überzeugt. Die Akzeptanz hat auch damit zu tun, dass die angebotenen Produkte hochwertiger geworden sind: Nach wie vor besteht die überwiegende Mehrheit der laut BDV-Zahlen etwa 520.000 Automaten in Deutschland aus Heißgetränke-Automaten, gefolgt von Kaltgetränken und Snacks. Die Qualität des Kaffees hat Gastronomie- Niveau erreicht. Das macht solche Automaten auch für Café-Bars im Einzelhandel interessant. Die Thalia Buchhandlung in Regensburg hat seit 2010 einen Kaffeeautomaten auf der Fläche.

Auch im Lebensmittelsektor steigt die Vielfalt der Produkte, die über Automaten verkauft werden. Den internationalen Wettbewerb um den „Vending Star“ gewann in diesem Jahr das niederländische Unternehmen Toeca International mit einem Joghurt- Automaten. Das Unternehmen hat auch einen Pizza-Automaten „Pizzomatic“ im Portfolio, der rund um die Uhr heiße Pizza liefert. Die Dr.-Oetker-Pizzen sind in ca. 3 Minuten fertig gebacken. Es gibt sogar Automaten, die so empfindliche Waren wie Eier via Liftsystem verkaufen. Peter Blochnig vom Peter-und-Paul-Hof aus Uigendorf hat mit der Stüwer Automaten und Service GmbH aus Herolstatt den Prototypen des „Regiomaten“ kreiert, ein Verkaufsautomat für den Verkauf „Frisch vom Hof“. Auf eine Markt- und Versorgungslücke reagierte auch die Landfleischerei Hegebeck aus Schermbeck. Sie bietet nun in Eigenregie nach Ladenschluss frisches Grillgut aus dem Automaten an. Blogger flehten bereits im Internet: Bitte mehr davon!

Fotos: Eu’Vend (1), Goodlist (1), Media Markt (1)

Öffentliche Automaten fehlen

Dr. Aris Kaschefi, neuer Geschäftsführer des BDV – Bundesverband der Deutschen Vending-Automatenwirtschaft in Köln, über den deutschen Vending-Markt, seine Chancen und Schwierigkeiten.

s+s: Der Vending-Markt in Deutschland, so heißt es, sei im Vergleich zu anderen europäischen Märkten unterentwickelt. Heißt das, er hat viel Potenzial?

KASCHEFI: Deutschland ist mit 2,5 Milliarden Euro das umsatzstärkste und auch stabilste Land, was den Automatenabsatz angeht. Aber es stimmt, die Automatendichte ist geringer als bei manchem europäischen Nachbarn, was vielfältige Ursachen hat. Die Automatenaufstellungen in Deutschland sind unter anderem geprägt vom sogenannten Betriebsvending. Public Vending an Stellplätzen, die jedermann zugänglich sind, sei es vor Supermärkten, in Wohngebieten, an Bahnhöfen, auf Parkplätzen oder in Schwimmbädern, hat bisher lediglich einen Anteil von 20 Prozent. Hier gibt es ebenso wie im Bereich der Büro-Kaffeeversorgung, wo spezielle kleine Table-Top-Kaffeeautomaten zum Einsatz kommen, noch viel Marktpotenzial.

s+s: Wie schätzen Sie die Chancen des Public Vending ein, welche Schwierigkeiten stehen der Verbreitung entgegen?

KASCHEFI: Public Vending hat ganz klar Zukunft. Immer mehr Unternehmen, nicht zuletzt aus Einzelhandel und Markenindustrie, treiben die Entwicklung voran, und auch verschiedene Operator wollen sich gezielter dieser Aufgabe widmen. Leider engen einige kommunale Behörden den Spielraum für die Automaten-Aufstellung stark ein. Der BDV macht sich deshalb für eine Liberalisierung des Bauordnungs- und Bauplanungsrechts stark.

s+s: Stellt Vandalismus ein Problem für die Vending-Branche dar?

KASCHEFI: Vandalismus ist ein Thema, doch die Operators zeigen, dass es beherrschbar ist. Gepflegte Automaten in einem ebensolchen Umfeld senken beispielsweise nachweislich die Zerstörungslust. Wir wissen u.a. von einer Düsseldorfer U-Bahn-Station, an der vor zwei Jahren Automaten aufgestellt wurden und wo es noch keinen einzigen Vorfall gab. Eine Insel der Glückseligkeit wie in Japan sind wir in puncto Vandalismus hierzulande allerdings leider nicht.

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