Amsterdam ist einer der beliebtesten Standorte für kreative Unternehmen, weshalb zahlreiche Design-Agenturen ihre Studios im Stadtzentrum eingerichtet haben. Zu den neueren Ansiedlungen in der Kreativ-Sparte zählt die Agentur Storeage. Das Unternehmen wurde 2000 von einem Niederländer und zwei Amerikanern gegründet, womit es sich hervorragend in das internationale Flair Amsterdams einpasst. „Am Anfang arbeiteten wir auf dem Dachboden meines Hauses. Wir haben buchstäblich am eigenen Schreibtisch angefangen und uns dann weiterentwickelt“, erklärt Jason Steere, einer der Gründungspartner, und fährt fort: „Wir wollten uns mit unserer eigenen Agentur auf den Aspekt des Markenerlebnisses konzentrieren, und da Nike zu dieser Zeit das einzige Unternehmen war, bei dem dieses Konzept wirklich umgesetzt wurde, arbeiteten wir mit Nike zusammen. Dadurch haben sich für uns viele Türen geöffnet.” Ein äußerst glücklicher Umstand, dass sich Steere und sein Gründungspartner Leendert Tange am Hauptsitz von Nike in Hilversum trafen und dann mit Storeage den Sprung ins kalte Wasser wagten.
„Es geht nicht nur darum, etwas hübsch zu machen. Auch die Kasse muss klingeln.“
Leendert Tange und Jason SteereSteere hatte in Seattle Wirtschaft und Deutsch studiert und sich danach bei dem US-Retailer Eddie Bauer auf Visual Merchandising spezialisiert. Dann arbeitete er in diesem Bereich – erst in den USA und später auch in Europa – für Nike. Tange hatte ein Studium im Bereich Industriedesign und Fertigungstechnik im nahe gelegenen Delft abgeschlossen. Beide hatten eine klare Vorstellung davon, was Storedesign bedeutet: „Es geht nicht nur darum, etwas hübsch zu gestalten. Wichtig ist auch, dass die Kasse klingelt“, so Steere. Nach der Zeit auf dem Dachboden richtete Storeage sich zunächst in einem weitaus kleineren Büro gegenüber seinen jetzigen Geschäftsräumen an der lebhaften Amsterdamer Einkaufsstraße Overtoom ein. In der Gründungsphase bestand die Agentur aus vier Personen, drei Unternehmensgründern (einer der Gründer, Sean O‘Connor, ist 2004 in die USA zurückgegangen) und einer Handvoll Kunden, darunter Nike.
„Wir hatten uns Dreijahres-Ziele gesetzt”, sagt Tange. Sowohl Tange als auch Steere legen Wert darauf zu betonen, dass Einzelhandelskunden immer nur für eine bestimmte Zeit mit der Agentur zusammenarbeiten. „Nicht ein einziger Kunde ist seit zwölf Jahren bei uns. Ich würde sagen, die meisten Kunden bleiben etwa drei bis fünf Jahre“, kommentiert Steere. Die Agentur hat inzwischen für Marken und Einzelhandelsunternehmen aus unterschiedlichen Bereichen gearbeitet, von Nike bis Nokia, vom Sportbekleidungshersteller Under Armour bis zur Technikmarke LG. Und für den Weinhändler Grapy, ein ungewöhnliches, schwer einzuordnendes Unternehmen, das als Online-Händler beschlossen hatte, die Vorteile eines Ladengeschäfts zu nutzen.
Dreijahres-Ziele
Aus der Website www.Grapy.nl entstand im Juli 2011 der Einzelhändler Grapy im Stadtzentrum von Roosendaal auf der Grundlage eines Entwurfs von Storeage. Das kleine Geschäft umfasst gerade einmal 25 qm und ist im Gebäude der Buchhandlung Het Verborgen Rijk untergebracht, mit der es sich auch die Schaufensterfront teilt. Der Grapy-Shop befindet sich natürlich neben der Abteilung für Kochbücher, Essen und Wein. Storeage hat für Grapy ein Shop-in-Shop-Konzept mit einer Einrichtung in Modulbauweise entworfen – damit lässt sich das Konzept vervielfältigen. Die Regale bestehen aus pfeilförmig aufeinandergestapelten, austauschbaren Kästen für Weinflaschen und Bücher. Sie sind unterschiedlich hoch aufgebaut und ahmen die Sortierung nach Geschmack und Angebot des digitalen Sommeliers nach, wie er auf der Grapy-Website zu finden ist. Kunden können auf einem interaktiven Touchscreen bestimmte Lebensmittelbegriffe eingeben, woraufhin ihnen dazu passende, vor Ort erhältliche Weine angezeigt werden. Die Preise und Produktinformationen sind im Laden mit Kreide auf die Regale geschrieben. An den Wänden prangen Bilder von Fisch, Spargel, Pasta und ähnlich Appetit Anregendem.
Ein anderes Projekt von Storeage ist die Zusammenarbeit mit dem koreanischen Elektronikriesen LG. Dieser Auftrag war deutlich umfangreicher. Im Mittelpunkt stand die Frage, wie sich dem Kunden die gesamte Bandbreite des Produktangebots von LG und seine Funktionsweise veranschaulichen lassen. Das Geschäft mit dem Namen LG Live befindet sich im chicken Marina Bay Sands Resort in Singapur. Der Kunde wird in der Mitte des Verkaufsraums durch eine Hochglanzwelt geleitet, die ihm Produkterlebnisse in unterschiedlichen Bereichen ermöglicht, vom Home Entertainment über mobile Kommunikation bis zu Haushaltsgeräten. Das Wichtigste ist, dass die Kunden hier die Produkte berühren, ausprobieren und in die Hand nehmen können. Üblicherweise wird dem Kunden die Welt der Unterhaltungs- und Haushaltselektronik in einer relativ sterilen Atmosphäre präsentiert, das gilt für Kühlschränke genauso wie für Telefone. Die von Storeage entwickelte Lösung hat hingegen eine interessante und individuelle Produktpräsentation zum Ziel. Bei allen Projekten, sei es Grapy, LG Live oder Nike, lag die spezielle Aufgabe von Storeage darin, das Markenerlebnis zu steigern.
2009 hat Storeage neue Geschäftsräume bezogen, in denen jetzt 20 Mitarbeiter tätig sind. Ein offener Fahrkorb, der über und über mit Graffiti verziert ist, bringt den Besucher in die oberste Etage eines alten Industriegebäudes. Im 4. Stock angekommen, erwartet ihn der Charme einer Industriehalle. Überall stehen wie üblich Apple-Computer, doch das Auffälligste in diesem relativ großen Raum, in dem schlichte Schreibtische zwischen rohen Betonpfeilern stehen, ist das viele natürliche Tageslicht. „Der Jahresbeginn 2012 hat uns etwas Angst gemacht“, gibt Tange zu, „doch es kommen Wachstumsimpulse aus den USA, daher sind wir einigermaßen optimistisch.“ Die Arbeit der Agentur, zu der auch Projekte mit der US-Sportbekleidungsmarke Under Armour zählen, gründet auf einem recht soliden Kundenstamm in den Niederlanden, wo die Agentur bereits mit so unterschiedlichen Unternehmen wie dem niederländischen Telekommunikationsanbieter und Einzelhändler KPN, der Postbank und ING Express zusammengearbeitet hat sowie von T-Mobile für ein Vorzeigeobjekt in Den Haag engagiert wurde.
Für die Zukunft prognostiziert Steere jedoch, dass man sich vermehrt aus Europa wegbewegen wird. „In fünf Jahren werden wir über einen Kundenstamm in Asien und den USA verfügen“, meint er. Ehrgeizigen Wachstumsplänen steht jedoch der Wunsch gegenüber, sich durch zu starkes Wachstum nicht die persönliche Atmosphäre nehmen zu lassen, die Storeage ausstrahlt. „In einem Unternehmen mit mehr als 25 bis 30 Mitarbeitern kümmert man sich weniger um Design und stärker um Kundenbetreuung“, erklärt er und fügt hinzu: „Dann geht ein Teil der Kreativität verloren.“
Weitere Informationen: www.store-age.nl
Storeage: Kosmopolitisch
Adresse: Storeage, Overtoom 197, 1054 HT Amsterdam, Niederlande
Gegründet: 2000
Gründer und Inhaber: Jason Steere, Leendert Tange, (Gründer Sean O’Conner 2004 ausgestiegen)
Spezialität: Markenerlebnis am Point of Sale
Kunden u.a. (aktuell und historisch): Nike, ING Express, LG, T-Mobile, Under Armour, KPN, Grapy, TNT, Ikea
Web: www.store-age.nl