Im Eingangsbereich von Tourpur grüßt zunächst ein großer Holzstapel. Hier und da gibt es „Garnituren“ aus Steinen, Moos, Gras, Tannenzapfen und Baumpilzen. Die Umkleide-Zone ist mit Sofa und Terminal ausgestattet. Die Kabinen selbst bestehen aus einem runden Vorhang und sind mit großflächigen Birkenwald- Motiven dekoriert. Auch im übrigen Laden sind Dekoelemente verteilt, die Outdoor-Stimmung verbreiten, zum Beispiel dicke Felsbrocken, die an Tauen aufgehängt von der Decke hängen. Daneben finden die Kunden einen „multimedialen Klettersteig“ und eine Schuh-Teststrecke. Hier zeigen drei LCD-Monitore in kurzen Filmeinspielern, wie ein Kletterer die Wand hochturnt.
Immer wieder wechseln sich im Store große Fotoflächen mit LCD-Screens ab, die stimmungsvolle Draußen-Sequenzen in Bewegtbildern zeigen. „Interessant wird es, wenn Sie die Screens gar nicht mehr wahrnehmen und Sie plötzlich das Gefühl überkommt, Sie seien im Gebirge“ meint Jens Fischer. Mit seiner Retail- Design-Agentur Kult Objekt entwickelte er das Konzept von Tourpur. Fischer bezeichnet es als ein Konzept, das über den bloßen „Kulissenbau“ hinausgeht. Für die Inszenierung bediente er sich szenografischer Mittel, die dem Theater entliehen sind. „Am Anfang unserer Planung stand ein ‚Emotions-Schema’, das Laufzonen, Blickrichtungen und Blickachsen in eine Dramaturgie einbaut“, so Fischer. Er nennt diesen Ansatz Retail-Theater: „Eine intelligente Ladenplanung, die über Content, Effizienz, Energie, Flexibilität bis hin zu der Möglichkeit reicht, individuell auf Situationen zu reagieren.“ Bei der Umsetzung dieses Konzepts erlebte Tourpur den umfassendsten Umbau seit seiner Gründung in den 80er-Jahren. Durch Hinzunahme der ersten Etage verdoppelte sich die Fläche auf 540 qm. Das Obergeschoss präsentiert die Bergschuhe, Schlafsäcke und Zelte, das Erdgeschoss Outdoor-Mode und Sportswear.
Neuanfang
Für den inhabergeführten Outdoor-Laden sollte der Umbau eine Art Neuanfang darstellen und die Zukunftsfähigkeit sichern – als Reaktion darauf, dass die Outdoor-Branche in den letzten Jahre eine Metamorphose durchgemacht hat vom Spezialisten für Insider hin zu einer massentauglichen Modeströmung. Ohne modischen Dreh läuft heute in der Outdoor-Branche gar nichts mehr – hohe Funktionalität wird einfach vorausgesetzt. Und das Internet erweist sich sowohl als Informationskanal als auch als Konkurrent für das stationäre Geschäft.
Der neue Tourpur präsentiert sich nun modern, luftig und großzügig – das frühere etwas selbstgebastelt wirkende Flair wurde hinter sich gelassen. Für das neue Design wollte man aber auch keinen Alpenhütten-Look oder Outdoor-Klischees bemühen – schon um die Gefahr zu vermeiden, nur Bedarfskäufer anzusprechen. Man will den normalen Passanten ansprechen, den Städter mit iPad und Familie. Der Laden liegt in Dortmunder 1b-Lage mit viel Laufkundschaft. Der nächste echte Berg ist also weit entfernt, und die Trekking-Tour findet eher im Kopf als im Himalaya statt. Dieses Kopf-Kino aber in Gang zu setzen, das will der Store erreichen.
Weitere Informationen: www.tourpur.de
Familiäre Kundenbindung
Mathias Köhler ist Inhaber von Tourpur. Seit dem Umbau hat er „Spaß inne Backen“, wie man im Ruhrpott eine heiter-zuversichtliche Grundstimmung zu nennen pflegt.
Was war der Grund für den Umbau?
Wir haben erkannt, dass wir einen deutlichen Schritt nach vorne gehen müssen, um nicht überholt zu werden. In den letzten Jahren hatten wir den Store zweimal selber renoviert. Aber heute kann man keine 500-Euro-Jacke an selbstgezimmerten Holzständern verkaufen.
Hat sich die Wahrnehmung der Kunden verändert?
Wir beobachten, dass die Kunden viel eigenständiger und intuitiver durch den Laden gehen und unseren Sortimenten tatsächlich anders begegnen. Als Beispiel: Für unsere Verhältnisse sehr modische Damenjacken, die früher trotz guter Platzierung meistens ignoriert wurden, werden heute von den Kundinnen wahrgenommen.
Hat sich auch Ihre Wahrnehmung und die Ihrer Mitarbeiter verändert?
Das moderne Storedesign verlangt von uns Disziplin. Wir sind ein Team mit flachen Hierarchien und unkompliziertem Umgang. Das sehen wir als Stärke und wollen darauf auch nicht verzichten, aber wir wollen besser werden. Und wir merken: Wir können auch professionell daherkommen, ohne uns zu verbiegen.
Sind die spektakulären Store-Inszenierungen von Globetrotter Benchmark für die Outdoor-Branche geworden?
Globetrotter hat das Thema Outdoor stärker ins Bewusstsein der Kunden gebracht. Wir hier pflegen aber eine familiäre und sehr persönliche Kundenbindung, die ein Globetrotter oder ein Sportkaufhaus aufgrund der personellen Struktur in der Regel nicht bieten kann.
Welche Herausforderungen stellen sich derzeit dem Outdoor-Handel?
Früher haben die Kunden gekauft, was da war, heute sind sie extrem informiert, vor allem über das Internet. Die Kunden kommen dann mit sehr konkreten Vorstellungen zu uns. Wenn wir das online ausgewählte Produkt nicht da haben, was angesichts des riesigen Angebots nicht selten vorkommt, wirds schwierig. Das heißt für uns: Wir müssen die Impulse geben.
Bitte bewerben!
Zeichnet sich Ihr Geschäft durch besondere Individualität, Innovation, außergewöhnliche Sortimentsmixturen oder ein progressives Gesamtkonzept aus? Dann schicken Sie uns Ihre Bewerbung zur Teilnahme am Handelspreis „Store des Monats“! Bewerben können sich nicht nur die Geschäftsinhaber, sondern auch Ladenarchitekten und Ladenbauunternehmen. Senden Sie bitte Fotos und Beschreibungen eines kürzlich realisierten Referenzobjekts aus der
Fashion-Branche an die Redaktionen von:
stores+shops
Store des Monats
Spichernstraße 55, 50672 Köln
lambertz@ehi.org / horbert@ehi.org
TM
Store des Monats
Hildebrandtstraße 24 d, 40215 Düsseldorf
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Die Jury aus Claudia Horbert, Winfried Lambertz (beide EHI/stores+shops) und Rainer Schlatmann (TM) sammelt, prüft und entscheidet – unter Ausschluss des Rechtswegs. Wird Ihr Geschäft als Store des Monats ausgezeichnet, so besteht der Preis dafür in der Veröffentlichung in stores+shops und TM. Sie erhalten darüber hinaus Ihre persönliche gerahmte Urkunde.