„Self-Checkout-Systeme haben sich inzwischen über alle Branchen hinweg etabliert“, so Çetin Acar aus dem Forschungsbereich IT beim EHI Retail Institute. In der Praxis bedeutet dies für den Einzelhandel: Kund:innen erwarten zunehmend eine Form der Selbstbedienung beim Abschluss ihres Einkaufs – sei es über Self-Checkouts oder durch die Nutzung von Scan & Go-Technologien. So planen auch immer mehr spezialisierte Händler mit zugespitztem Sortiment den Einsatz von maßgeschneiderten, flexiblen Self-Checkout-Lösungen. „Im Nonfood-Fachhandel stehen wir vor der besonderen Herausforderung, dass jede Branche sehr spezifische Anforderungen an den Aufbau, die Ausstattung und die Abmessungen der Terminals stellt“, berichtet Hendrik Ohse, CEO der Anker Group, aus eigener Erfahrung. Daher: „Ein standardisiertes ,One-size-fits-all‘-Prinzip funktioniert hier nicht.“ Erste Beispiele zeigen, wie solche individuellen Konzepte in der Praxis aussehen können.
Im Non-Food-Fachhandel stellt jede Branche sehr spezifische Anforderungen an SB-Terminals.
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Im VEDES-Shop am Flughafen München scannen die Kund:innen ihre Einkäufe selbst
Foto: VEDES
Scan, Go & Play
Am Flughafen München betreibt VEDES Händler Bernd Stocker ein autonomes, personalfreies Spielwarengeschäft. Der rund 50 qm große Shop liegt jenseits der Sicherheitsabfertigung des Abflugterminals 2. An der Self-Checkout-Kasse mit Scanner, Kartenlesegerät und großem Touchscreen werden die Kund:innen intuitiv durch den Erfassungs- und Bezahlvorgang geführt. Wird dennoch Hilfe benötigt, kann diese über einen Button auf dem Display angefordert werden – durch einen Mitarbeitenden aus dem in der Nähe liegenden Hauptgeschäft. Von dort aus erfolgt auch der Warennachschub. Im Shop sind aus Sicherheitsgründen vier Videokameras installiert. Wegen seiner Lage im Bereich nach der Sicherheitsabfertigung im Flughafen liegt die Diebstahlquote laut Betreiber Stocker bei null Prozent. Umgesetzt wurde die Lösung vom IT-Anbieter Pyramid Computer.
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Sichere Bezahllösung: Hofladenbetreiberin Marion Schreyer freut sich über das neue Self-Service-Terminal
Foto: Anker Solutions
SCO im Vertrauen
Die Landwirtschaftsfamilie Schreyer hat in ihrem Hofladen in Straubing ein speziell auf die Anforderungen kleiner, autonom geführter Geschäfte zugeschnittenes Self-Service-Terminal eingeführt. Die Bezahlung erfolgte bislang hauptsächlich in Bargeldform auf Vertrauensbasis. Ein zunehmend größer werdendes Sortiment, darunter frisches Obst, Gemüse, Fleisch, Wurst sowie regionale Erzeugnisse, sorgte bei den bis dato auf Papier basierenden Prozessen für immer mehr Komplexität. Mit dem zusammen mit der Firma Anker neu eingeführten SB-Kassensystem mit Kartenzahlungsmöglichkeit wurde der Verwaltungsaufwand reduziert und eine einfache Nutzung für die Kundschaft ermöglicht. Um Sicherheitsaspekten Rechnung zu tragen, wurde zusätzlich ein Kamerasystem installiert.
Neue Märkte wie Bäckereien oder Feinkostläden werden das Wachstum bei Self-Checkouts 2025 weiter vorantreiben.
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Tee Gschwendner setzt deutschlandweit auf Self-Checkout-Kassen
Foto: Pyramid Computer
Breite Auswahl
Tee Gschwendner hat gemeinsam mit Pyramid Computer an mehreren Standorten ein auf die Bedürfnisse des Teefachhandels ausgerichtetes Self-Checkout-System integriert. Die Einführung der Lösung soll den Kund:innen eine schnelle und flexible Zahlungsabwicklung seiner Sortimentsvielfalt ermöglichen, entweder über eine sogenannte „Scan & Go“-App oder direkt am Terminal. Das System passt sich dabei in das bestehende Ladendesign ein und bietet eine auf Benutzerfreundlichkeit ausgerichtete Bedienung. Durch eine zentrale Anbindung an die Cloud des Software-Spezialisten Snabble können verschiedene Checkout-Optionen angeboten werden, was den Mitarbeitenden zusätzlich mehr Freiraum für individuelle Beratung verschafft. In den letzten Monaten wurde die SCO-Lösung bei Tee Gschwendner deutschlandweit ausgerollt.
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Produkterkennung mit KI und Computer Vision bei Backfactory
Foto: Pan Oston
KI erkennt heiße Waren
Backfactory hat seine Filialen mit einem auf KI und Computer Vision basierenden Self-Checkout-System ausgestattet. Die Lösung, entwickelt in Zusammenarbeit mit Pan Oston, erkennt frische Backwaren und Snacks automatisch, auch ohne Barcodes. Kund:innen legen ihre Produkte auf das Tablett des Kioskterminals, das System identifiziert sie innerhalb weniger Sekunden und berechnet die Gesamtsumme. Diese Technologie soll Warteschlangenreduzieren und so das Einkaufserlebnis verbessern. Die Anwendung hat laut Backfactory zu einer Steigerung des Bestellwerts sowie einer Verkürzung der Checkout-Zeit um 45 Prozent während der Stoßzeiten geführt.
Vieles deutet darauf hin, dass autonome Bezahlmöglichkeiten für Kund:innen auch im spezialisierten Einzelhandel in Zukunft immer salonfähiger werden – auch trotz des höheren Planungsaufwands. Dafür spricht auch, dass laut der EHI-Studie „POS-Systeme 2024“ in den kommenden zwei Jahren ein noch verstärkter Einsatz von Self-Service-Lösungen erwartet und auch vermeintliche Nischenbranchen weiter durchdringen wird. Auch Corné van Braak, Chief Innovation Officer bei Pan Oston, rechnet mit dieser Entwicklung für das laufende Jahr: „Für 2025 erwarten wir, dass neue Märkte wie Bäckereien oder Feinkostläden Self-Checkouts oder Vorbestellungen einführen und das Wachstum des Marktes vorantreiben werden.“