Bedientheken: Zukunftskonzepte gesucht | stores+shops

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Die Käseinsel im Edeka-Zukunftsmarkt in Nauen ist an ein Waterloop-System angeschlossen und kommt ohne zentrale Kälteanlage aus
Foto: Daniel Horn für Schweitzer

Bedientheken: Zukunftskonzepte gesucht

Die Frischebereiche stehen vor einem Transformationsprozess. Dabei ist Flexibilität das Gebot der Stunde. Hybride Theken, die von Bedienung auf SB umgestaltet werden können, und mobile Lösungen bieten Gestaltungsoptionen. Treiber dieser Entwicklung sind der Fachkräftemangel und veränderte Konsumgewohnheiten.

Arbeitsstationen in der Thekenlinie im Rewe-Center in Hamburg-Tonndorf: So bleiben die Mitarbeitenden für die Kund:innen sichtbar, und Frische wird erlebbar

Arbeitsstationen in der Thekenlinie im Rewe-Center in Hamburg-Tonndorf: So bleiben die Mitarbeitenden für die Kund:innen sichtbar, und Frische wird erlebbar
Foto: Aichinger

„Ist die kostenlose Wurst für Kunden bald Geschichte?“, fragte die Boulevardzeitung Bild. Anlass für diese Schlagzeile war ein Bericht in der Branchenzeitung LZ über einen angeblichen Strategieschwenk bei Edeka in Sachen Bedientheken. Angesichts des anhaltenden Fachkräftemangels wollen fünf Regionalgesellschaften künftig in ihren Regiemärkten stärker auf flexible Lösungen statt auf klassische Bedientheken setzen. Dieser Ansatz ist nicht neu. Viele selbstständige Kaufleute beschäftigen sich schon länger mit innovativen Konzepten für ihre Frischebereiche. Bisher galt in der Branche die Länge der Bedientheken als Gradmesser für die Frischekompetenz, die damit verbundene Auswahl und Beratungskompetenz als wichtige Differenzierungsmerkmale gegenüber Discountern. Seit etwa drei Jahren wird es aber immer schwieriger, die personalintensiven Theken zu bespielen. Viele Supermärkte mussten deshalb die Servicezeiten einschränken. Auf Dauer ist dies keine optimale Lösung. Eine geschlossene Bedientheke ist ein unschöner Anblick und kann sich imageschädigend auswirken. „Unser Ziel ist es deshalb, gemeinsam mit den Händlern Konzepte für die Frischeabteilungen zu entwickeln, sodass sie personal- und energieeffizient betrieben werden können, ohne an Strahlkraft zu verlieren“, sagt Patrick Simon, Vertriebsleiterbei Ladenbauer Aichinger. Bei Neu- und Umbauprojekten stellt er einen Trend zu kürzeren Bedienstreckenfest. „Aktuell entfallen etwa 15 Prozent der Laufmeter in der Thekenfront auf SB-Lösungen oder hybride Module.“

Flexibilität bleibt Gebot der Stunde

Alle Anbieter von Kühlmöbeln haben ihr Portfolio um Lösungen erweitert, die sowohl als Bedientheke genutzt als auch durch wenige Handgriffe zu einem SB-Präsenter umgewandelt werden können. Bei den Transformer-Theken des österreichischen Unternehmens Hauser erfolgt dies komplett werkzeuglos, bei der Epta-Marke Bonnet Névé wird der Glasaufsatz mit einem Griff nach hinten geklappt. „Der Handel fragt verstärkt nach diesen Lösungen, um Frischeabteilungen flexibel an aktuelle Rahmenbedingungen und Kundenbedürfnisse anpassen zu können“, so Joachim Dallinger, Leiter Produktmanagement und Marketing bei Epta. Treiber seien dabei die angespannte Personalsituation und das veränderte Konsumverhalten. Die Endverbraucher:innen greifen häufiger zu Convenience-Produkten sowie zu SB-Ware und konsumieren insgesamt weniger Fleisch, Wurst und Käse. „Diese Einflussfaktoren müssen für jeden Standort und dessen Zielgruppen analysiert werden und in die Konzeption einfließen“, empfiehlt Julian Woelki, Geschäftsbereichsleiter Ladenbau bei Kramer in Freiburg. „Wir erwarten, dass sich die langen Thekenstrecken in einzelne spezialisierte Frische-Inseln mit einer Kombination aus Bedientheke, SB-Modulen, Gastrostation und Eventfläche aufteilen.“

Der Handel fragt verstärkt nach flexiblen Lösungen, um Frischeabteilungen an aktuelle Rahmenbedingungen und Kundenbedürfnisse anpassen zu können.

Joachim Dallinger

Leiter Produktmanagement und Marketing, Epta

In die Richtung ganzheitlicher Fachabteilungscharakter denkt auch das Südtiroler Unternehmen Schweitzer. Erklärtes Ziel sei, dass die Fach- und Warenkompetenz für die Kundschaft auch bei verringertem Bedienservice spür- und erlebbar bleiben. Dies könne gelingen, wenn eine Auswahl hochwertiger Thekenware in Form von frisch zubereiteten Pre-Packs mit optisch ansprechenden Verpackungen, einem stimmigen Visual Merchandising-Konzept und Storytelling rund um Herkunft und Haltungsform in SB angeboten werde. „So lenkt man die Aufmerksamkeit der Kundschaft auf die SB-Präsentation und gewinnt ihr Vertrauen“, betont Thomas Spiekermann, Head of Sales Deutschland.

Eyecatcher bei Edeka Görge in Braunschweig: Die aufmerksamkeitsstarke Präsentation von Highlights in Sondermodulen wird wichtiger

Eyecatcher bei Edeka Görge in Braunschweig: Die aufmerksamkeitsstarke Präsentation von Highlights in Sondermodulen wird wichtiger
Foto: Hauser

Die Ladenbau-Experten sind davon überzeugt, dass die Bedeutung von Pre-Packs in Form von frisch im Markt zugeschnittenen und verpackten Fleisch-, Wurst- und Käseprodukten aus der Theke weiter zunehmen wird. Diese können in frequenzarmen Zeiten vorbereitet werden. Erfahrungen im Käsebereich zeigen, dass dies von den Kund:innen sehr gut akzeptiert wird. Nicht selten ist der Umsatz sogar gestiegen, weil die Kundschaft in Ruhe stöbern kann und häufiger zu höherpreisigen Artikeln greift. Im Münchener Edeka-Markt von Stadler und Honner wird Käse z. B. ausschließlich in SB angeboten. Hinter der SB-Theke steht aber immer ein Mitarbeitender, der die Auswahl pflegt und bei Bedarf berät.

Neue Prozessabläufe

Die stärkere Kombination von SB und Beratung bedingt neue Prozessabläufe hinter der Theke. Darauf weist Patrick Simon von Aichinger hin: „Es werden zunehmend Arbeitsplätze im sichtbaren Rückraum oder direkt in die Thekenstrecke integriert. So sind die Mitarbeitenden auch bei Vorbereitungsarbeiten sicht- und ansprechbar. Gleichzeitig erleben die Kund:innen die frische Zubereitung.“

Wir erwarten, dass sich die langen Thekenstrecken in einzelne spezialisierte Frischeinseln mit einer Kombination aus Bedientheke, SB-Modulen, Gastrostation und Eventfläche aufteilen.

Julian Woelki

Geschäftsbereichsleiter Ladenbau, Kramer

Neben der Integration von SB-Elementen beobachtet Julia Leibetseder, Senior Product Manager bei Hauser, die zunehmende Bedeutung von besonderen Thekenelementen wie Halbrondellen oder Kühltürmen, in denen Qualitätsprodukte aufmerksamkeitsstark inszeniert werden. „Gerade weil die Bedienstrecken kürzer werden, ist es wichtig, gezielt die Produkte auszuwählen, bei denen persönliche Interaktion eine große Rolle spielt. Diese gilt es als Highlights zu präsentieren.“ Insgesamt glaubt Leibetseder, dass Bedienung weiterhin das Herzstück eines Supermarktes bleibt. So sieht es auch Joachim Dallinger von Epta: „Alle Bereiche, die Spielraum für individuelle Warenpräsentation und Serviceleistungen bieten, sind zur Profilierung eines Marktes geeignet.“ Dies müsse aber nicht mehr ausschließlich über eine klassische Bedientheke erfolgen.

Bei Edeka Otto in Kappeln können die Bedientheken auf SB-Betrieb umgestellt werden

Bei Edeka Otto in Kappeln können die Bedientheken auf SB-Betrieb umgestellt werden
Foto: Aichinger

Technische Entwicklungen

Dass es zukünftig auch immer stärker um die räumliche Flexibilität von Frischebereichen und Bedientheken geht, zeigt das Projekt „Zukunftsmarkt Nauen“ von Edeka Minden-Hannover. In diesem Edeka-Markt von Christian Dorfmann wurde auf eine zentrale Kühlanlage verzichtet. Sämtliche SB- und Bedientheken sowie Kühl- und Gefriermöbel sind in einem geschlossenen Wasserkreislauf verbunden. Die entstehende Wärme wird so über ein Rohrleitungssystem aus dem Markt transportiert und zur Beheizung des Marktes verwendet. „Dieses Waterloop-System hat den Vorteil, dass die Abteilungen schnell und unkompliziert umgestaltet werden können. Alle Möbel sind modular und können je nach Bedarf angeschlossen und abgebaut werden“, erklärt Thomas Spiekermann von Schweitzer. Das Südtiroler Ladenbauunternehmen hat das Gesamtkonzept des Zukunftsmarktes entworfen und die innovative Lösung für die Kühl- und Bedienmöbel implementiert.Kramer in Freiburg bietet ebenfalls steckerfertige und semi-steckerfertige Bedientheken mit Anschluss an ein Waterloop-System an. Neben dem geringeren Energieverbrauch und der Flexibilität beim Flächenlayout hat die Lösung noch einen weiteren Vorteil, erklärt Julian Woelki:„Das System hat durch die Modularität eine höhere Betriebssicherheit. Wenn ein Kühlaggregat ausfällt, muss nur das betroffene Kühlmöbel demontiert werden.“ Diese Arbeit könne auch ein ortsansässiger Installateur durchführen.Angesichts der angespannten Personalsituation bei Service- und Wartungsmitarbeitenden im Bereich Kühltechnik sei dies ein wichtiger Aspekt, so Woelki.

Die Ladenbauexperten von Aichinger, Hauser und Epta sehen die Umsetzung von vollständig räumlich flexiblen Bedienbereichen eher kritisch. „Die Planung eines Frischebereichs ist hochkomplex. Da geht es unter anderem um HACCP-gerechte Anlieferung, Lagerung und Verarbeitung frischer Lebensmittel sowie um kurze Wege und ein optimales Arbeitsumfeld für die Mitarbeitenden“, gibt Patrick Simon von Aichinger zu bedenken. Um den Händlern trotzdem eine Lösung für temporäre Präsentationen anzubieten, erweitert Aichinger sein Portfolio zum Jahreswechsel um steckerfertige Kühlmöbel. Die Unternehmen Hauser und Epta haben bereits mobile Theken im Programm, die sich durch integrierte Rollen leicht positionieren lassen und mit dem nachhaltigen Kältemittel R 290 betrieben werden.

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