Gemeinsam mit ihrer Kollegin Anika Vooes erläuterte Alfeis, wie die Rewe Group KI, Kameras und Sensorik erfolgreich in den sechs kassenlosen Pick & Go-Märkten nutzt. Laut Vooes sind die Systeme mittlerweile in der Lage, mehr als 20.000 Artikel auf 1.000 qm Ladenfläche in akzeptabler Zeit zu verarbeiten. Für die Innovationsmanagerin ist Pick & Go viel mehr als eine Veränderung des Checkouts: Händler gewännen so erstmals einen Echtzeiteinblick in das Geschehen in der Filiale. Wichtig sei, neben der Technologie stets die Kundschaft im Blick zu behalten. Der Schritt zur breiten Kundenakzeptanz sei kein „Katzensprung“.
Nachhaltigkeit durch Künstliche Intelligenz?
Ein ganzer Themenblock drehte sich um die Frage, ob und wie der Handel mittels KI nachhaltiger werden könne. Für Dr. Tim Still von der Schwarz IT gehen KI und Nachhaltigkeit Hand in Hand. Neben Lidl und Kaufland betreibt die Schwarz Gruppe eigene Produktionsunternehmen sowie das Tochterunternehmen Prezero mit 66 Sortier- und Recycling-Anlagen. Zusammen mit SAP und Bosch hat sich die Schwarz Gruppe bei Deutschlands führendem KI-Start-up Aleph Alpha eingekauft. In seinem Vortrag zeigte Still, wie das Unternehmen KI im Rahmen seiner Nachhaltigkeitsstrategie nutzt, beispielsweise um Lebensmittelverschwendung durch optimierte Bedarfsprognosen zu verringern, unnötige Transportwege in der Logistik zu vermeiden oder drohende Störungen in den Sortieranlagen rechtzeitig zu erkennen.
Der Lebensmittelverschwendung will auch das Start-up Wasteless mit einer KI-basierten Dynamic-Pricing-Lösung zu Leibe rücken. Durch optimierte Preisabschriften auf verderbliche Ware könnten Handelsunternehmen zugleich die Marge verbessern und die Kundenzufriedenheit steigern, sagte Vertriebschef David Kat. Ohne elektronische Preisschilder ließe sich Dynamic Pricing kaum umsetzen, ergänzte Michael Rodin-Lo von Qommunicate. Der ESL-Experte berät Handelsunternehmen rund um die Einführung und optimale Nutzen von ESL-Lösungen. Dabei spielen auch Umweltschutz und Nachhaltigkeit eine Rolle. Elektronische Preisetiketten seien mehr als nur ein Papierersatz, betonte der Berater. Sie können auch einen nachhaltigen Beitrag gegen Lebensmittelverschwendung leisten.
Mobile All-in-one-Devices
Ein weiterer Schwerpunkt der Technologie Tage waren die aktuellen Entwicklungen im Bereich Checkout und Point of Sale. Zahlreiche Expertenvorträge und Best-Practice-Beispiele verdeutlichten die zunehmende Bedeutung innovativer Technologien am POS, die die traditionellen Strukturen des Einzelhandels grundlegend verändern, aber auch die Herausforderungen, die deren Anwendung im Alltagseinsatz vor Ort mit sich bringt.
So stellte der Kosmetikkonzern Douglas beispielsweise seinen Ansatz zur Umstellung auf flexible, agile Arbeitsweisen und die Modernisierung von Prozessen vor, der bereits 2011 seinen Anfang mit der Einführung von Iphone-basierten Devices zur zentralisierten bargeldlosen Zahlung seinen Anfang nahm. Jennifer Sachs, Digital Store Solutions/IT, und Alexandra Kesisoglu, Teamlead Retail Projects bei Douglas, stellten dar, wie ihr Unternehmen seinen Fokus auf die schrittweise Einführung moderner Hardware legt. Beginnend mit der Nutzung von Android-Smartphones (Samsung X-Cover Pro) umfasst die Transformation sowohl von Douglas entwickelte Apps als auch White-Label-Lösungen von externen Anbietern wie „mPOS“ von GK Software SE.
Diese Initiative wurde bereits in drei Ländern erfolgreich eingeführt, die Expansion auf weitere vier Länder steht bevor. Technischer Dienstleister bei der Umsetzung war die Komsa Services GmbH. Die Einführung der mobilen All-in-One Devices habe die täglichen Aufgaben der Mitarbeitenden erheblich erleichtert, sagte Sachs – von der Kundenkarteneinschreibung über Cross-Channel-Prozesse bis hin zum Visual Merchandising und Mobile POS für mobile Zahlungen.
Wachsende Bedrohung durch Cyber-Attacken
Manuel Bach, Leiter des Referats „Cyber-Sicherheit für KMU“ beim Bundesamt für Sicherheit, zeichnete in seinem Vortrag ein alarmierendes Bild von der aktuellen Bedrohungslage durch Cyber-Kriminalität. Jedes Unternehmen sieht sich pro Monat durchschnittlich zwei Ransomware-Angriffen ausgesetzt. 2020 gingen vom BSI 7,0 Mio. Mitteilungen über festgestellte infizierte oder von Hackerattacken bedrohte Server an die Netzbetreiber der betroffenen Unternehmen, 2021 waren es mit 14,8 Mio. bereits doppelt so viele. Attackiert würde praktisch jedes Unternehmen, der Trend gehe zu „breit schießenden Angriffen“.
Dennoch lassen sich die Konsequenzen wirkungsvoll eindämmen, wenn einige Regeln befolgt werden, so Bach. Die wichtigste: Sein eigenes Risikoprofil identifizieren und herausfinden, welches die wichtigsten Daten sind, die keinesfalls in die Hände von Cyber-Kriminellen fallen dürfen. Eine Back-up-Strategie und ein Notfallplan seien ebenfalls unverzichtbar. Ein gefordertes Lösegeld solle ausschließlich dann bezahlt werden, wenn kein Back-up vorhanden ist. IT-Sicherheit sei Chefsache in den Unternehmen, die Verantwortlichen sollten für eine klare Zuständigkeit einer Person sorgen, die rund um die Uhr für die Mitarbeitenden erreichbar ist.
Die meisten Fälle von Cyber-Kriminalität würden nicht aufgeklärt, bestätigte Kriminalkommissar Jan Eckert vom Bundeskriminalamt. Die von Unternehmen gemeldeten Schäden durch Cyber-Attacken summierten sich 2022 auf 16,1 Mrd. Euro, bei einer Dunkelziffer von 91,5 Prozent. Jan Eckert rät, jeden Fall sofort zur Anzeige zu bringen. Die Aufklärungsquote der gemeldeten Fälle läge immerhin bei30 Prozent. Das BSI vermittelt auch Dienstleister, die sich auf die Prävention, Detektion und Reaktion von bzw. auf Cyber- Attacken spezialisiert haben. Zwei Anbieter, die Firmen Link 11 und Trufflepig Forensics, hatten in einem Innovationsblock Gelegenheit, ihre Leistungen dem Fachpublikum vorzustellen.