Den Einkauf am Terminal bestellen und bezahlen, und schon beginnt das Spektakel: Ein Roboter setzt sich in Bewegung, pickt mit seinem Greifarm die gewünschten Produkte aus dem Warenlager und stellt sie über ein Ausgabefach zur Mitnahme bereit.
Der Edeka 24/7-Store in Offenburg hat sich nach seiner Eröffnung vor gut einem Jahr zu einer Attraktion in der Fußgängerzone entwickelt. Der Betreiber, die Edeka Regionalgesellschaft Südwest, ist mit der Entwicklung ihres automatisierten Kleinflächenformats zufrieden, berichtete Jonas Dübon, Bereichsleiter Multichannel bei der Edeka-Genossenschaft, auf der DHBW-Konferenz „SmartStores 24/7 – Autonom in die Zukunft?“ in Heilbronn. Beiden Prozessen habe man in den letzten Monaten eine steile Lernkurve durchlaufen müssen. Um schnell auf Nachfragespitzen reagieren zu können, wurde ein Pufferlager eingerichtet.
Auch beim Kaufverhalten gab es Learnings. Ging man anfangs davon aus, dass die Kund:innen ihre Einkäufe vor allem im Webshop ordern, dort bezahlen und im Store abholen, werden bislang nur rund ein Prozent der Kaufvorgänge nach diesem Verfahren abgeschlossen. Der Webshop wird, so die Erfahrung nach einem Jahr, vor allem als digitales Schaufenster benutzt, bezahlt wird vorzugsweise am Terminal vor Ort.
Sicher hinter Glas
Der Offenburger Edeka 24/7-Store ist eines von derzeit rund einem Dutzend Smart-Store- Konzepten in Deutschland mit automatischer Kommissionierung. Im Gegensatz zu den weiter verbreiteten Walk-in-Formaten mit Self-Scanning- oder Grab-and-Go-Technologie, wie beispielsweise „teo“ von Tegut oder „Pick& Go“ von Rewe, erhalten Kund:innen bei den Stores mit automatisierter Robotik erst nach dem Bezahlen Zugang zu den gekauften Produkten.
Ladendiebstahl, ein Hauptproblem bei den Self-Scanning-Konzepten, ist damit praktisch ausgeschlossen. Dafür fallen die Investitionskosten bei den Robotic-Läden stärker ins Gewicht: Matthias Kurz vom Automatisierungsspezialisten Knapp, der den Offenburger24/7-Store mit der Robotertechnologie ausstattete, beziffert die Anschaffungskosten auf rund 300.000 Euro (ohne La-denbau). Um den Betrieb rentabel zu gestalten, ist gerade bei Lebensmitteln und Convenience-Artikeln mit niedrigen Spannen und Einkaufsbons eine hohe Kundenfrequenz unabdingbar.
Aber auch an Standorten mit wenig Laufkundschaft kann es sich lohnen, den Verkauf von Lebensmitteln mit Robotic-Technologie zu unterstützen – vorausgesetzt, die Gewinnmarge lässt einen wirtschaftlichen Betrieb zu. Das Unternehmen VPS Roberta betreut im süd- und ostdeutschen Raum robotergestützte Anwendungen bei vier Metzgereien. Dreigelenkige Roboterarme, wie man sie aus der Automobilindustrie kennt, saugen die vorverpackten Fleischprodukte im Kühllager an und transportieren diese zu einem Ausgabeband. Die Robo Emma GmbH hat kürzlich einen roboter betriebenen Dorfladen im hessischen Bad Wünneberg in Betrieb genommen, ebenfalls ausgestattet mit der Technologie von VPS Roberta.
Mit fünf Anwendungen ist der Robotic-Spezialist Smark in Deutschland präsent: dem E 24/7 Karow & Sommer in Renningen sowie zwei Stores in Stuttgart plus einem in Oldenburg und einem in Aalen. Ähnlich wie bei Knapp funktioniert die Technologie von Smark mit einem Greifarm, der die Produkte zu einem Fließband befördert.
Automaten-Shop von Rewe
Lekkerland, die Convenience-Tochtergesellschaft der Rewe Group, testet seit einem Jahr in Bispingen südlich von Hamburg einen vollautomatisierten Containerstore an einem Schnellladepark für E-Automobile. Kund:innen wählen bei „Rewe ready“ die gewünschten Produkte aus einem rund 230 Artikel umfassenden Sortiment über ein Touchdisplay aus, bezahlen bargeldlos und erhalten anschließend ihre Waren über ein Förderband.
Technologiepartner von Lekkerland ist das Technologie-Start-up Latebird. Das Unternehmen aus Paderborn entwickelt die Automatisierungstechnologie und Software, Hardware-Komponenten wie Fördertechnik, Produktschränke und Terminals werden zugekauft.
Basis von „Rewe ready“ sind zehn Systemschränke und ein Tabakwarenautomat, die Platz bieten für ca. 250 verschiedene Artikel. Die Produktschränke lassen sich mit individuellen Temperaturzonen konfigurieren, so dass auch gekühlte und tiefgekühlte Produkte angeboten werden können. Sobald die Ware am Terminal geordert und bezahlt ist, setzt sich die Kommissioniertechnik in Gang. Bei 20 gekauften Artikeln ist der Einkauf nach ca. zwei Minuten auf dem Ausgabeband, verspricht Latebird-Marketingmanagerin Sabine Gausemeier.
Latebird sieht sein 24/7-Einkaufssystem sowohl als zusätzlichen Point of Sale in Container-Form zum Beispiel für Supermarktplätze sowie auch als Inhouse-Lösung. Die große Container-Variante mit 14 Systemschränken und Platz für 9.000 Artikel soll ca. 250.000 Euro kosten. Ende Oktober soll im Shopping-Center Libori-Galerie in Paderborn ein Inhouse-Latebird eröffnen. Der voll automatisierte kleine Supermarkt bietet 650 Artikel für Nahversorgung und Unterwegskonsum. Weitere 40 Verkaufscontainer und -automaten sollen u. a. im Auftrag von Lekkerland an Tankstellen und in Kliniken ausgeliefert werden.