Wann immer man lückenlos bestückten Regalfronten begegnet, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass die Ware mithilfe eines Vorschubsystems nach vorne gepusht wird, sodass sich die durch Entnahme eines Produkts entstandene Lücke automatisch wieder schließt. Insbesondere im Lebensmittelhandel und in Drogeriemärkten werden seit Langem – meist auf Federkraft basierende – Warenvorschubsysteme eingesetzt, aber auch in Elektrofachmärkten oder im Baumarkt, in Tankstellen oder im Tierfachhandel sorgen sie für ein aufgeräumtes Erscheinungsbild.

Ein System mit um 180 Grad drehbaren Regalelementen und schräg gestellten Regalböden von VKF Renzel

Ein System mit um 180 Grad drehbaren Regalelementen und schräg gestellten Regalböden von VKF Renzel
Foto: VKF Renzel

Hauptsache verpackt

Nicht nur Regale mit aufrecht präsentierten Produkten werden durch die Technologie in Schuss gehalten, auch gestapelte Ware, wie etwa in Truhen vorgehaltene Tiefkühlpizza, bringt sich nach jeder Entnahme wieder tadellos in Stellung, dann äquivalent durch ein Warenliftsystem. „Wir können nahezu jedes Produkt nach vorne schieben, vom Deo bis zum Sixpack, von Zigaretten bis zum Müsli – Hauptsache, es ist verpackt“, sagt Timm Becker, Head of Marketing bei POS Tuning.

In der Vergangenheit waren vor allem die perfekte Optik und der daraus resultierende Mehrumsatz das Hauptargument für den Einsatz von Warenvorschubsystemen, denn „ein ordentliches Regal lädt zum Einkaufen ein“, sagt Becker. Das wird insbesondere bei Impuls- und Schnelldreherkategorien deutlich. Doch das automatische Vorschieben der Waren ist auch in Bezug auf den Fachkräftemangel eine Hilfe, weil man Zeit und damit Personal spart: „Ohne Vorschubsysteme müssen die Regale permanent kontrolliert und die Ware manuell vorgeschoben werden“, so Becker.

Der optische Mehrwert ist entscheidend.

Timm Becker

Head of Marketing, POS Tuning

Dem Impuls folgen

Kann der Handel die Einsparung beziffern? „Eine Zahl zu nennen ist schwierig, denn auch mit Vorschubsystem muss man sich um die Regale kümmern und die Ware zunächst manuell einräumen“, sagt Bernd Wilger, der zwei Edeka-Filialen in Borken führt, von denen eine seit zwei Jahren mit der Technologie ausgestattet ist. Zudem sei das Einräumen für die Mitarbeitenden nicht unbedingt einfacher, da das Push-Element zunächst zurückgedrückt werden muss, bevor man das Fach frisch befüllen kann.

Eines für alle: Unterschiedliche Produkte können mit demselben System nach vorne geschoben werden

Eines für alle: Unterschiedliche Produkte können mit demselben System nach vorne geschoben werden
Foto: POS Tuning

„Ein Vorschubsystem kostet immer ein paar Zentimeter Regal“, erklärt Wilger, „das macht je nach Größe mal ein ganzes, mal ein halbes Produkt aus.“ Dennoch ist sein Fazit positiv, denn ihm gehe es vor allem darum, dass die Regale ein gepflegtes Bild abgeben. Auch Andi Wiele, der einen Edeka-Markt in Horn-Bad Meinberg und ein Marktkauf-Haus in Barntrup führt, kann „nicht genau beziffern“, ob respektive wie viel Personal er durch die Warenvorschubsysteme in seinem neu eröffneten Marktkauf einspart.

Zwar habe das Personal nun mehr Zeit, sich um anderes zu kümmern. Ausschlaggebend sei für ihn jedoch „vor allem der optische Mehrwert – und damit bin ich rundum zufrieden“, betont Wiele – sei es „im Tiefkühlsegment oder insbesondere auch im impulslastigen Bereich“. Denn Voraussetzung, um Impulskäufe auszulösen, sei, dass die Ware gut sichtbar ist: „Wenn man die Gummibärchen nicht sieht, gibt es auch keinen Impuls.“ Um Umsatzpotenziale im vollen Umfang auszuschöpfen, können Vorschubsysteme daher ein effektives Tool darstellen.

Ganz weit vorne

Innovationen im Bereich Warenvorschub, die nicht nur im Hinblick auf Mehrumsatz hilfreich sind, sondern auch Einsparpotenziale im Hinblick auf Zeit und Personal bergen können, wurden auf der diesjährigen EuroShop vorgestellt. So etwa ein neu entwickeltes Regalsystem, das auf dem Drehprinzip basiert: Das leicht schräg gestellte Regal kann per Hebel um 180 Grad gewendet und dann von hinten befüllt werden. Auf diese Weise, so Joachim Ostendorf, Geschäftsführer des Herstellers VKF Renzel, gehe das Nachsortieren schneller und die Umsätze würden gesteigert, da durch die Schrägstellung des Regals die Ware von selbst nach vorn rutscht.

Zudem würden die Abschriften aufgrund Überschreitens des Mindesthaltbarkeitsdatums reduziert, da durch das umgekehrte Auffüllen die noch im Regal befindliche ältere Ware automatisch vorn lande. „Bei der Regalpflege kann man eine Zeitersparnis von bis zu 65 Prozent erzielen, die Abverkäufe können um bis zu 20 Prozent gesteigert und die Entsorgung um bis zu 40 Prozent reduziert werden.“ Zudem könne man die Regalböden auf horizontaler Ebene enger platzieren, sodass man Platz gewinne. Besonders gut funktioniere das Prinzip bei Trockenprodukten wie Marmelade oder Konserven, für bestimmte andere Produktgruppen wie Schokolade oder Chipstüten müsse man ergänzende Systeme installieren.

Eine weitere Neuheit ist ein einheitliches Vorschubsystem für sämtliche Kategorien, das Zeitersparnis und mehr Flexibilität im Ladenbau verspricht. „Bisher hat sich mancher Händler gegen ein Vorschubsystem entschieden, weil man für die unterschiedlichen Produkte je nach Größe und Beschaffenheit verschiedene Systeme brauchte“, sagt Timm Becker, „nun braucht man nur noch einen Vorschub, egal ob für Duschgel oder Haarkoloration.“

Die neue Systemlösung spare nun einerseits Zeit für die zuvor oft komplexen Planungen im Vorfeld und vereinfache die Bestellung und Installierung. Zudem schenke sie Flexibilität bei Umbauten und Umplatzierungen, die aufgrund von Aus- und Neulistungen erforderlich sind.