Der Druck, Prozesse zu automatisieren, wächst in vielen Bereichen des Handels signifikant.
Ulrich SpaanDie Studie basiert auf persönlichen Interviews mit CIOs und IT-Verantwortlichen aus über 90 Unternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Einer der Kernpunkte der seit 2003 im Zweijahresrhythmus durchgeführten Befragung besteht in der Einschätzung der Entscheider:innen zu den wichtigsten technologischen Entwicklungen und Investitionsprioritäten der kommenden Jahre.
Rasante Entwicklung
Machine Learning und Künstliche Intelligenz werden dabei wie bereits in den Vorjahren mit Abstand als wichtigster Trend identifiziert, gefolgt von Seamless Checkout, Customer Centricity, Digitalisierung der Prozesse und Cloud. Beim Thema KI sind inzwischen zahlreiche erste Projekte in der Umsetzung, die Führungspersonen sehen hier aber für die Zukunft noch weitaus größeres Potenzial. Der Fokus liegt dabei derzeit auf den Anwendungsfeldern Forecasting & Replenishment sowie Pricing und Kundendialog.
Am Checkout erwarten die Teilnehmer:innen der Studie eine fortschreitende Automatisierung der Scan- und Bezahlprozesse – von der weiteren Ausbreitung klassischer Self-Checkout-Verfahren über Scan & Go-Lösungen in unterschiedlicher Ausprägung bis hin zum vollautomatisierten kassenlosen Store. Stark beschleunigt wird diese Entwicklung durch den derzeit an vielen Stellen eklatanten Personalmangel in den Filialen. Hierdurch wird der Druck, Prozesse zu automatisieren, signifikant erhöht – nicht nur an den Kassen, sondern auch in vielen anderen Arbeits- und Einsatzbereichen der stationären Geschäfte.
Ab in die Cloud
Während der Pandemiejahre hat sich das Einkaufsverhalten der Konsument:innen mit hoher Geschwindigkeit verändert. Die Digitalisierung der Kundenansprache, verbunden mit individualisierten und personalisierten Services, bleibt daher für viele Unternehmen einer der wichtigsten Trends der näheren Zukunft. Hierfür wird eine leistungsfähige und flexible IT-Infrastruktur benötigt, welche die Firmen in die Lage versetzt, neue Applikationen schnell und unkompliziert in den Markt zu bringen.
In diesem Zusammenhang wird die Cloud-Technologie inzwischen vielfach als unverzichtbar betrachtet. In Bezug auf ihre konkret geplanten Investitionsprojekte der kommenden Jahre ist bei den Befragten im Vergleich zu 2021 eine Verschiebung der Prioritäten festzustellen. War in jenem Jahr noch Analytics das dominierende Thema, so rangieren nun wieder Projekte rund um die Modernisierung und Optimierung der ERP-Systeme auf Platz eins, gefolgt von Investitionen in das Supply Chain Management und Infrastrukturprojekten. Diese gehen oft einher mit einer Systemmigration in die Cloud.
Diese Verschiebung lässt sich teilweise darauf zurückführen, dass in der Pandemiephase einige Großprojekte zurückgestellt wurden – einerseits aus wirtschaftlichen Gründen, andererseits weil die Pandemie einen anderen Handlungsschwerpunkt erforderte, beispielsweise in Richtung Omnichannel-Services wie Click & Collect. Bei den ERP-Systemen spielt vor allem eine Rolle, dass viele Unternehmen auf modernere und flexiblere Architekturen setzen, um den Anforderungen der Zukunft gerecht werden zu können.
Kassenlos kommt
Etwa ein Drittel der Befragten sieht den Seamless Checkout als Top-Investitionspriorität an. Da hier alle Projekte inklusive SCO und Self-Scanning subsumiert werden, lohnt ein Blick auf das Thema autonome und kassenlose Stores, welches in den vergangenen Jahren auch in den Medien große Aufmerksamkeit erzielt hatte. 17 Prozent der Retailer befinden sich hier bereits in der Umsetzungsphase, meist im Rahmen von Pilotprojekten. Bemerkenswert ist, dass weitere 35 Prozent der Firmen angeben, konkrete Pläne für die nächsten drei Jahre zu haben.
Hierbei handelt es sich nicht nur um Unternehmen aus dem Lebensmittelhandel, sondern auch um andere Branchenvertreter. In welcher Ausprägung sich kassenlose Stores in Zukunft durchsetzen werden, hängt nicht zuletzt auch von deren wirtschaftlichem Erfolg ab. Dieser steht vielfach noch auf dem Prüfstand. Die vollständige Studie enthält weitere Einblicke in die Pläne der Entscheider:innen in Bezug auf Themen wie ESL, Digital Signage, Mobile Technologies und Cybersecurity sowie Aussagen zu organisatorischen Fragestellungen wie der zukünftigen Zusammenarbeit von IT und Fachabteilungen.
Datenbasis
Für die aktuelle Studie „Technologie-Trends im Handel 2023“ hat das EHI IT-Verantwortliche von 92 deutschsprachigen Handelsunternehmen in persönlichen Interviews zu technologischen Trends und Investitionsprioritäten befragt. Die Studie wurde unterstützt von Adesso, Anybill, Diebold Nixdorf, GK Software, Mercio, ServiceNow und Snabble.
Studie: Technologie-Trends im Handel 2023
Autor:in: Cetin Acar, Imke Hahn, Ulrich Spaan
ISBN: 978-3-87257-580-7
930,00 € zzgl. MwSt., für EHI-Mitglieder kostenlos zum Download
Kontakt: Cetin Acar, Projektleiter Forschungsbereich IT, Tel: +49 221 57993-12, acar@ehi.org